Junk-Food – Falsches Essen kann Dich krank machen

Sind Fertiggerichte wirklich ungesund?

Industriell stark verarbeitete Lebensmittel wie Tiefkühlpizza, Fastfood, Chips, Wurst, Schokolade, Eiscreme oder zuckerhaltige Limonaden haben zu Recht kein gutes Image: Zu viel konzentrierte Kalorien, zu viel gehärtetes Fett, zu viel Salz und Zucker, zu wenig Vitamine und Ballaststoffe – eine gesunde Ernährung sieht anders aus.

Was sind eigentlich (hoch)verarbeitete Lebensmittel?

Im Jahr 2009 wurde ein beliebtes System zur Klassifizierung verarbeiteter Lebensmittel eingeführt, die so genannte NOVA-Klassifizierung. Darin werden Lebensmittel nach dem Grad ihrer Verarbeitung in vier Kategorien eingeteilt, von Gruppe 1 „nicht oder minimal verarbeitet“, bis Gruppe 4 „stark-verarbeitet“. Wenn wir von hochverarbeiteten Lebensmitteln, Fertignahrung oder Junk-Food sprechen, meinen wir also Nahrungsmittel der Gruppe 4.

Gruppe-4-Lebensmittel sind profitabel für die Hersteller wegen der preiswerten Inhaltsstoffe, der kostengünstigen Herstellungsverfahren und beliebt bei den Händlern wegen der langen Haltbarkeit. Kartoffelchips sind etwa zehnmal so teuer wie Kartoffeln, leichter zu transportieren und einfacher zu lagern.

Die Vorteile von Junk-Food für uns Verbraucher kennt jeder. Das ändert aber nichts daran: gesund ist Junk-Food nicht. Erst kürzlich zeigten wieder zwei grosse Studien, dass eine Ernährung, die überwiegend auf Gruppe-4-Nahrungsmitteln beruht, Fettleibigkeit (Adipositas), Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und damit Herzinfarkt und Schlaganfall begünstigt, das Krebsrisiko erhöht und allgemein das Leben verkürzt.

Erhöhtes Krankheits-Risiko durch Junk-Food

Die erste dieser Studien von Srour et al. (2019) untersuchte über 6 Jahre lang den Zusammenhang von hochverarbeiteten Nahrungsmitteln und Herzkreislauferkrankungen bei über 100.000 gesunden Erwachsenen. Ergebnis: Diejenigen mit dem höchsten Konsum an Gruppe-4-Nahrungsmitteln hatten ein um 23% erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wie Koronare Herzkrankheit (Herzinfarkt) und Schlaganfälle.

Auch in der – mit 20.000 Teilnehmenden – etwas Kleineren, dafür aber über 10,5 Jahre dauernden Studie untersuchten Rico-Campa et al. (2019) Lebensstil, Ernährung und Gesundheit. Auch hier fanden sich ganz ähnliche Effekte: Die Teilnehmenden mit dem höchsten Konsum an Gruppe-4-Nahrungsmittel hatten eine um 62% höhere Sterberate als diejenigen mit dem niedrigsten Konsum. Für jede zusätzliche Portion Fertignahrung ergibt sich nach den Studiendaten eine um 18% erhöhte Sterberate bezogen auf zehn Jahre. Die Hauptursache für Todesfälle – in dieser jüngeren Altersgruppe wenig erstaunlich – war eine Krebserkrankung.

Interessant ist, dass sich auch in der ersten Studie ein erhöhtes Krebsrisiko bei jüngeren Fans von Fertignahrung zeigte. Hochverarbeitete Lebensmittel könnten das Leben jüngerer Menschen also vor allem durch Krebs, das älterer durch Herzinfarkte und Schlaganfälle verkürzen.

Die Ergebnisse beider Studien erscheinen eindeutig. Trotzdem muss man bei der Interpretation vorsichtig sein, da eine Ursache-Wirkung-Beziehung bei solchen Ernährungsstudien immer schwierig nachzuweisen ist. Eine ungesunde Ernährung geht fast immer auch mit einem allgemein ungesunden Lebensstil (Übergewicht, zu wenig Bewegung, Rauchen) einher, und es ist schwierig, das immer klar zu erfassen und von anderen Effekten zu trennen.

Woran liegt es?

Aus den Studien geht nicht hervor, wie die negativen Effekte zustande kommen. Liegt es an der ungünstigen Nährstoffzusammensetzung, der hohen Kaloriendichte oder an der industriellen Verarbeitung durch Erhitzen, Emulgieren, Hydrolysieren, Konservieren etc.?

So gibt es durchaus Kritik an dem Konzept, den Gesundheitswert von Nahrungsmittel nach dem Grad der industriellen Verarbeitung einzuteilen. Viele Experten halten die Nährstoffzusammensetzung für relevanter als den Verarbeitungsgrad. Auf der anderen Seite gibt es zwischen beiden Faktoren einen klaren Zusammenhang: Je stärker verarbeitet ein Lebensmittel ist, umso ungünstiger ist in der Regel die Zusammensetzung der Inhalts- und Nährstoffe. Das ist zumindest im Moment noch so, muss aber nicht so sein, man könnte industriell auch gesunde Nahrungsmittel herstellen.

Zur Klärung solcher Fragen sind andere Arten von Studien notwendig, mit denen man herausfinden kann, welche Mechanismen den Effekten zu Grunde liegen. Auch die gibt es:

Mögliche Mechanismen

Wie eine kürzlich erschienene Studie (Alonso-Pedrero et al., 2020) zeigt, kann eine ungesunde Ernährung mit viel Gruppe-4-Lebensmitteln die Alterungsprozesse in den Zellen beschleunigen. Durch ungesunde Ernährung sollen sich die Telomere schneller verkürzen – ein Kennzeichen für beschleunigte Zellalterung.

Telomere sind Strukturen, die sich an den Enden unserer Chromosomen befinden. Sie enthalten zwar selbst keine genetische Information, schützen aber die Chromosomen, ähnlich wie Plastikspitzen die Schnürsenkel schützen. Im Laufe des Lebens werden Telomere kürzer und weniger effektiv – eines der zellulären Kennzeichen für das biologische Alter eines Menschen.

Die Erstautorin und ihre Mitarbeiter fanden heraus, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die Telomere verkürzt waren, bei Probanden, die viel Gruppe-4-Nahrungsmittel konsumierten, 82% höher war als bei denen mit dem niedrigsten Verbrauch.

Eine andere interessante Arbeit (An et al., 2021) findet einen Zusammenhang zwischen ungesunder „westlicher“ Ernährung und dem Mikrobiom, also der Darmflora des Menschen. Das Mikrobiom des Darms hat bekanntlich vielfältige Auswirkungen auf unsere Gesundheit.

Fazit

In vielen Fällen gilt: Je länger die Zutatenliste, desto höher ist der Verarbeitungsgrad eines Lebensmittels und desto ungesünder ist es wahrscheinlich. In der Regel solltest Du bei deiner Ernährung auf unverarbeitete oder möglichst wenig verarbeitete Lebensmittel setzen. Denn es gibt einen Zusammenhang zwischen einem erhöhten Krankheitsrisiko (Herz-Kreislauf, Diabetes, Krebs) und stark oder hoch verarbeiteten Lebensmitteln, besonders wenn diese zu viel Zucker, Salz und ungesunde Fette enthalten.

Klassifizierung verarbeiteter Lebensmittel nach der NOVA-Klassifizierung

Gruppe 1: Nicht oder kaum verarbeitete Lebensmittel. Dazu zählen frische oder tiefgefrorene Lebensmittel, wenn diese gar nicht verarbeitet sind oder die Verarbeitungsschritte lediglich dazu dienen, sie überhaupt geniessbar oder natürlich haltbar zu machen. Beispiele: Gemüse, Getreide, Hülsenfrüchte, Obst, Nüsse, Fleisch, Meeresfrüchte, Eier und Milch, Kräuter, Gewürze.

Gruppe 2: Verarbeitete Nahrungszutaten. Hierzu gehören Pflanzenöle, Butter, Salz und Zucker, also Bestandteile, die nicht direkt konsumiert werden.

Gruppe 3: Verarbeitete Lebensmittel. Sie bestehen hauptsächlich aus Gruppe-1-Lebensmitteln, die durch Kochen, Backen, Fermentieren oder Konservieren oder durch Zusatz von Essig, Öl, Zucker oder Salz haltbarer gemacht oder im Geschmack verändert werden. Beispiele sind einfaches Brot, Käse, Tofu, Obst- oder Gemüsekonserven. Diese Lebensmittel wurden zwar verändert, enthalten aber noch Mikronährstoffe.

Gruppe 4: Hoch- oder ultraverarbeitete Nahrungsmittel. Sie enthalten kaum noch komplette Gruppe-1-Lebensmittel, sondern nur noch Auszüge aus diesen; ausserdem teilweise stark verarbeitete Gruppe-2-Bestandteile, wie gehärtete Fette (Transfette), Zucker oder zuckerhaltige Stoffe. Solche Nahrungsmittel bestehen zumeist aus billigen Grundsubstanzen, die mit speziellen Fertigungstechniken und Additiven (Salz, Gewürzen, Farb-, Geschmackstoffen und Geschmacksverstärkern) geschmacklich aufgepeppt und lange haltbar gemacht werden. Beispiele: Chips & Co., Süssigkeiten, Softdrinks, stark verarbeitetes Fleisch, wie Form-Fleisch, Würstchen, Nuggets, Fischstäbchen etc., Fertiggerichte, Instant-Suppen, Pommes frites, Cornflakes etc.

(verändert aus: Müller, 2019)

Quellen

Alonso-Pedrero L. et al. (2020) Ultra-processed food consumption and the risk of short telomeres in an elderly population of the Seguimiento Universidad de Navarra (SUN) Project. Am J Clin Nutr; 111:1259–1266, doi: 10.1093/ajcn/nqaa075
An J. et al. (2021) Western-style diet impedes colonization and clearance of Citrobacter rodentium. PLOS Pathogens; 17: doi: 10.1371/journal.ppat.1009497
Müller T. (2019). Verkürzen Fertiggerichte das Leben? ÄrzteZeitung https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Verkuerzen-Fertiggerichte-das-Leben-254301.html
Rico-Campa A et al. (2019) Association between consumption of ultra-processed foods and all cause mortality: SUN prospective cohort study. BMJ; 365 doi: 10.1136/bmj.l1949
Srour B. et al. (2019) Ultra-processed food intake and risk of cardiovascular disease: prospective cohort study (NutriNet-Santé). BMJ; 365 doi: 10.1136/bmj.l1451
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