Omega-3-Fettsäuren – sind sie wirklich Wunderwaffen?

Woman sipping warm drink while sitting in bright apartment. Omega-3's benefits for health.

Die gesundheitlichen Vorteile von Omega-3-Fettsäuren werden in der Öffentlichkeit breit diskutiert und stehen seit langem auch im Mittelpunkt zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen. Neuste Studien scheinen ihren Nutzen zu unterstreichen.

Omega-3-Fettsäuren, kurz als «Omega-3» bezeichnet, finden sich nur in wenigen Nahrungsmitteln. Häufig werden sie als Nahrungsergänzungsmittel, wie Fischöl, angeboten. Es gibt verschiedene Omega-3-Fettsäuren, aber der Grossteil der Forschung konzentriert sich auf drei Arten:

  • ALA (Alpha-Linolensäure)
  • EPA (Eicosapentaensäure)
  • DHA (Docosahexaensäure)

Diese Omega-3-Arten gelten als essentielle Fettsäuren: Wir müssen sie also über Nahrung aufnehmen, denn unser Körper kann sie nicht selbst herstellen. Er kann zwar ALA in EPA und letzteres wiederum in DHA umwandeln, allerdings nur schlecht (weniger als 15 %) (Harris, 2010). Daher ist die Zufuhr von EPA und DHA aus Lebensmitteln und/oder aus Nahrungsergänzungsmitteln die einzige praktische Möglichkeit, den Gehalt an diesen Fettsäuren im Körper zu erhöhen.

 

Quellen von Omega-3

ALA ist in Pflanzenölen wie Leinsamen-, Soja- und Rapsöl enthalten, in geringen Mengen auch in Rindfleisch. DHA und EPA sind in Fisch, Fischölen und Krillöl enthalten. Sie werden aber nicht von den Fischen, sondern von Mikroalgen synthetisiert. Wenn Fische Plankton mit diesen Mikroalgen fressen, reichern sie die Omega-3-Fettsäuren im Gewebe an. Fette Meeresfische, wie Makrele, Lachs oder Thunfisch, sind deswegen besonders reich an Omega-3 (Harris, 2010; Jones & Papamandjaris, 2012).

 

Relevante Bausteine

Omega-3-Fettsäuren spielen im Körper eine wichtige Rolle als Bestandteile der Zellmembran. Diese umgibt jede Zelle und erfüllt sehr wichtige Funktionen. Die Zellmembran grenzt nicht nur die Zelle gegen die Umgebung ab, sie kann auch Stoffe oder Signale gezielt in die Zelle hinein und aus ihr heraus transportieren. DHA ist ausserdem in der Netzhaut, im Gehirn und in den Spermien besonders reichlich vorhanden (Institute of Medicine, Food and Nutrition Board, 2005). Zusätzlich zu diesen wichtigen Aufgaben werden Omega-3-Fettsäuren auch gebraucht, um Eicosanoide zu bilden. Diese Signalmoleküle haben weitreichende Funktionen im Herz-Kreislauf-, Immun- und Hormon-System des Körpers (Jones & Rideout, 2014). Es ist daher nicht verwunderlich, wenn den Omega-3-Fettsäuren vielfältige Gesundheitswirkungen nachgesagt werden.

 

Gibt es einen Omega-3-Mangel?

Ein Mangel an essentiellen Fettsäuren – entweder Omega-3 oder Omega-6 – kann raue, schuppige Haut und Dermatitis verursachen (Institute of Medicine, Food and Nutrition Board, 2005). Es ist jedoch keine Mindestmenge an DHA oder EPA bekannt, unterhalb der Organfunktionen, z. B. die Seh- oder Nervenfunktion oder die Immunantwort, beeinträchtigt werden. Ein Mangel an essentiellen Fettsäuren ist bei gesunden Personen praktisch nicht vorhanden (Institute of Medicine, Food and Nutrition Board, 2005). Nur der Nachweis, dass höhere Omega-3-Spiegel mit einem geringeren Risiko für verschiedene chronische Krankheiten verbunden sind, deutet darauf hin, dass viele Menschen von einer etwas höheren Omega-3-Zufuhr gesundheitlich profitieren können (NIH, 2021).

So können Omega-3-Fettsäuren u.a. in folgenden Bereichen gesundheitlich positive Wirkungen entfalten:

  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • Geistige Gesundheit und Demenz
  • Depressionen und Angststörungen
  • Krebsprävention
  • Gesundheit von Säuglingen und Gehirnentwicklung
  • Altersbedingte Makuladegeneration
  • Rheumatische Arthritis

Für die meisten dieser Wirkungen liegen noch nicht genügend Daten für eine abschliessende Bewertung vor. Daher konzentriert sich der folgende Abschnitt auf zwei Bereiche, in denen Omega-3-Fettsäuren nach dem Stand der Forschung sehr wahrscheinlich eine relevante Rolle spielen (NIH, 2021).

 

Auswirkungen auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Man weiss schon lange, dass bei Gemeinschaften mit hohem Fischkonsum (z. B. in Japan) Herz-Kreislauf-Erkrankungen sehr viel seltener auftreten als in unseren Breitengraden (Harris, 2010). Dies wurde mit dem Verzehr von Fischen mit Omega-3-Fettsäuren in Verbindung gebracht, weswegen viele Studien die Auswirkungen von Omega-3 auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Risikofaktoren, wie Bluthochdruck und erhöhte Blutfette, untersucht haben.

Wie diese Arbeiten zeigten, kann eine Nahrungsergänzung mit Omega-3 das Risiko für Herzinfarkt, koronare Herzkrankheit und Herz-Kreislauf-Erkrankungen insgesamt reduzieren, und die Effekte scheinen dosisabhängig zu sein (Hu, Hu & Manson, 2019).

Es soll aber nicht unerwähnt bleiben, dass auch Analysen veröffentlicht wurden, die zum Schluss kommen, dass Omega-3-Supplemente das Risiko der meisten Herz-Kreislauf-Probleme nicht signifikant zu reduzieren scheinen (Aung et al., 2018; Chowdhury et al., 2014; Rizos et al., 2012).

Warum diese Unterschiede? Viele Studien finden einen Zusammenhang zwischen höherem Fischkonsum und besserer Gesundheit. Es ist jedoch schwierig festzustellen, auf welchen Faktoren die beobachteten gesundheitlichen Vorteile beruhen. Sie könnten beruhen…

  • …auf dem Omega-3-Gehalt der Meeresfrüchte (je nach Art und Fanggebiet unterschiedlich)
  • …auf anderen Bestandteilen in Meeresfrüchten
  • …auf dem Ersatz ungesunder Lebensmittel durch Meeresfrüchte
  • …auf anderen gesundheitsfördernden Verhaltensweisen der Fischkonsumierenden
  • …auf einer Kombination dieser Faktoren

Insgesamt deutet die Forschung aber darauf hin, dass der Verzehr von Fisch und anderen Arten von Meeresfrüchten als Teil einer ausgewogenen Ernährung die Herzgesundheit fördert, insbesondere wenn die Meeresfrüchte anstelle von ungesünderen Lebensmitteln verzehrt werden.

 

Auswirkungen auf Kognitive Funktionen, Demenz und Alzheimer

Auch in diesem Bereich deuten einige – wenn auch nicht alle – Studien darauf hin, dass eine Omega-3-reiche Ernährung mit dem Erhalt von Hirnsubstanz und einem verringerten Risiko für kognitiven Abbau, Alzheimer und Demenz verbunden ist (Sydenham, Dangour & Lim, 2012). Eine Meta-Analyse von 21 Studien ergab, dass sowohl eine erhöhte Aufnahme von Fisch als auch von DHA das Risiko für Demenz und Alzheimer vermindert. So war eine Erhöhung der DHA-Aufnahme um 100 mg/Tag mit einem um 14% niedrigeren Risiko für Demenz und einem um 37% niedrigeren Risiko für Alzheimer verbunden (Zhang et al., 2016).

Mehrere systematische Übersichtsarbeiten und Meta-Analysen haben die Auswirkungen einer Omega-3-Ergänzung im Vergleich zu Placebo auf die kognitive Funktion und Demenz bei 1) gesunden älteren Erwachsenen, 2) solchen mit leichten kognitiver Beeinträchtigung (MCI, mild cognitive impairment) und 3) Personen mit Demenz (meist Alzheimer) untersucht (Jiao et al., 2014; Yurko-Mauro et al., 2015). Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass Omega-3 bestimmte Aspekte der kognitiven Funktion (Aufmerksamkeit, Verarbeitungsgeschwindigkeit und Gedächtnis) verbessern kann, zumindest bei Menschen mit MCI. Es hat aber wohl keinen Einfluss auf die kognitive Funktion bei gesunden älteren Erwachsenen oder bei Menschen mit Alzheimer-Krankheit. (Mazereeuw et al., 2012). Besonders bei einer beginnenden Demenz könnte Omega-3 also von Vorteil sein.

Fazit

Vieles deutet darauf hin, dass Omega-3-Fettsäuren positive Wirkungen auf die Gesundheit haben, insbesondere auf das Herz-Kreislauf-System, und vermutlich auch auf das Gehirn. Sich Omega-3-reich zu ernähren und/oder entsprechende Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen, ist daher anzuraten. Unabdingbar ist dabei, den eigenen Tagesbedarf und die Dosierung professionell abklären zu lassen.

Quellen

Aung T, Halsey J, Kromhout D et al. (2018). Omega-3 Treatment Trialists’ Collaboration. Associations of omega-3 fatty acid supplement use with cardiovascular disease risks: Meta-analysis of 10 trials involving 77 917 individuals. JAMA Cardiol, 3, 225-34.
Chowdhury R, Warnakula S, Kunutsor S et al. (2014). Association of dietary, circulating, and supplement fatty acids with coronary risk: a systematic review and meta-analysis. Ann Intern Med, 160, 398-406.
Harris WS. (2010). Omega-3 fatty acids. In: Coates PM, Betz JM, Blackman MR, et al., eds. Encyclopedia of Dietary Supplements. London, New York: Informa Healthcare. S. 577-86.
Hu Y, Hu FB, Manson JE. (2019). Marine omega-3 supplementation and cardiovascular disease: an updated meta-analysis of 13 randomized controlled trials involving 127 477 participants. J Am Heart Assoc, 8,e013543.
Institute of Medicine, Food and Nutrition Board. (2005). Dietary reference intakes for energy, carbohydrate, fiber, fat, fatty acids, cholesterol, protein, and amino acids (macronutrients). Washington, DC: National Academy Press.
Jiao J, Li Q, Chu J, Zeng W, Yang M, Zhu S. (2014). Effect of n-3 PUFA supplementation on cognitive function throughout the life span from infancy to old age: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Am J Clin Nutr, 100, 1422-36.
Jones PJH, Papamandjaris AA. (2012). Lipids: cellular metabolism. In: Erdman JW, Macdonald IA, Zeisel SH, eds. Present Knowledge in Nutrition. Washington, DC: Wiley-Blackwell. S. 132-48.
Jones PJH, Rideout T. (2014). Lipids, sterols, and their metabolites. In: Ross AC, Caballero B, Cousins RJ, Tucker KL, Ziegler TR, eds. Modern Nutrition in Health and Disease. Baltimore, Lippincott Williams & Wilkins.
Mazereeuw G, Lanctot KL, Chau SA, Swardfager W, Herrmann N. (2012). Effects of omega-3 fatty acids on cognitive performance: a meta-analysis. Neurobiol Aging, 33, e17-29.
NIH (2021) Omega-3 Fatty Acids. Verfügbar unter: https://ods.od.nih.gov/factsheets/Omega3FattyAcids-HealthProfessional/
Rizos EC, Ntzani EE, Bika E, Kostapanos MS, Elisaf MS. (2012). Association between omega-3 fatty acid supplementation and risk of major cardiovascular disease events: a systematic review and meta-analysis. JAMA 308, 1024-33.
Sydenham E, Dangour AD, Lim WS. (2012). Omega 3 fatty acid for the prevention of cognitive decline and dementia. Cochrane Database Syst Rev, 6, CD005379.
Yurko-Mauro K, Alexander DD, Van Elswyk ME. (2015). Docosahexaenoic acid and adult memory: a systematic review and meta-analysis. PLoS One, 10, e0120391.
Zhang Y, Chen J, Qiu J, Li Y, Wang J, Jiao J. (2016). Intakes of fish and polyunsaturated fatty acids and mild-to-severe cognitive impairment risks: a dose-response meta-analysis of 21 cohort studies. Am J Clin Nutr, 103, 330-40.
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