Chrononutrition: Essen nach der biologischen Uhr

Chrononutrition: Gesund essen

Die Chrononutrition beschäftigt sich mit dem Zusammenhang zwischen zirkadianen Rhythmen, Ernährung und Stoffwechsel. Der zirkadiane Rhythmus ist die Fähigkeit des Organismus, physiologische Vorgänge im Körper über 24 Stunden zu synchronisieren. Dazu zählt zum Beispiel der Tag-Wach- oder der Hungerrhythmus. Aktuelle Studien zeigen, dass gesund essen auch zum richtigen Zeitpunkt bedeutet. Denn die biologische Uhr beeinflusst Energiehaushalt und Stoffwechsel (Ruddick-Collins et al., 2018). Moderne Essgewohnheiten können das Zusammenspiel von Ernährungsrhythmus und innerer Uhr stören. Das hat negative Folgen für Stoffwechsel, Körpergewicht und Blutdruck (Adafer et al., 2020).

Zentraluhr und Organuhren

Wie Nährstoffe vom Körper verarbeitet werden, hängt von der Tageszeit ab. Der zirkadiane Rhythmus wird primär durch die Zentraluhr, gelegen an der Basis des Hypothalamus des Gehirns, bestimmt. Sie wird durch Lichtwechsel, also Tag und Nacht, beeinflusst. Hinzu kommen innere Uhren in Organen wie Leber, Fettgewebe, Bauchspeicheldrüse, Magen oder Darm. Hier werden etwa die Produktion von Verdauungssekreten, Insulinausstoss oder der Abbau von Zucker und Fetten zeitlich geregelt. Die Organuhren lassen sich im Gegensatz zur Zentraluhr durch das Mahlzeitentiming beeinflussen. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass die Makronährstoffe Kohlenhydrate, Proteine und Fette je nach Tageszeit ganz unterschiedlich verstoffwechselt werden (Aoyama & Shibata, 2020), zum Beispiel Kohlenhydrate morgens besser als abends.

Der individuelle Chronotyp

Die Chrononutrition wird durch den Chronotyp einer Person beeinflusst. Wie die biologische Uhr tickt, ist dem oder der einzelnen genetisch vorgegeben. Der Chronotyp beeinflusst etwa Leistungsvermögen über den Tag, Hormonspiegel, Körpertemperatur und bevorzugte Schlafgewohnheiten. Grob wird in zwei Typen unterschieden: Der Lerchentyp ist früh am Morgen aktiver, während der als Spätaufsteher gilt. Die meisten Menschen liegen zwischen diesen beiden Extremen. Studien zeigten, dass Lerchen sich gesünder ernähren, aktiver sind, einen gesünderen Lebensstil führen, gut frühstücken und schlanker sind als Eulen (Phoi et al., 2021). Eulen neigen dazu, Mahlzeiten häufiger auszulassen, spätere Mahlzeiten und eine grössere Energieaufnahme in der zweiten Tageshälfte zu haben. Natürlich gibt es auch grosse kulturelle Unterschiede bei den zeitlichen Essgewohnheiten je nach Land und Region. Das macht eine Bewertung hinsichtlich allgemeiner Empfehlungen schwierig. Global gilt jedoch: Die moderne Gesellschaft mit künstlichem Licht, Schichtarbeit und ständiger Nahrungsverfügbarkeit bringt die innere Uhr aus dem Rhythmus und führt zu zirkadianer Dysregulation, mit negativen Folgen für die Gesundheit (Flanagan et al., 2020). Mit einem einfachen Fragebogen lässt sich der persönliche Chronotyp bestimmen.

Frühstücken macht schlank

Die «Big Breakfast Study» fasst aktuelle Erkenntnisse zum gesundheitlichen Wert des Frühstücks zusammen (Ruddick-Collins et al., 2018). Am Morgen aufgenommene Kalorien werden demnach effizienter genutzt als am Abend. Auch führen sie zu einem besseren Sättigungsgefühl. Doch leider geht der Trend nicht hin zum ausgiebigen Frühstück. In Grossbritannien verteilen sich bereits 40 Prozent der Gesamtkalorien auf den Abend. Auch andere Länder zeigen Tendenzen auf, dass sich die Kalorienaufnahme auf die zweite Tageshälfte verschiebt. Das Frühstück ganz auszulassen oder nachts zu essen, begünstigt zudem Übergewicht. Auch unregelmässig eingenommene Mahlzeiten, wie sie bei Schichtarbeit vorkommen, wirken sich negativ auf Stoffwechsel und Figur aus. Ein früheres Mittagessen bringt hingegen Vorteile beim Abnehmen. Es gilt also als erwiesen, dass morgens wie ein Kaiser zu frühstücken gesund ist und dabei hilft, schlank zu bleiben.

Kurzzeitiges Fasten empfohlen

Wie wichtig der Zeitraum vom Beginn der ersten Mahlzeit bis zum Ende der letzten Mahlzeit des Tages ist, steht momentan im Fokus der Chrononutrition. Die meisten Menschen essen über eine Zeitspanne von zwölf bis 15 Stunden. Time-restricted eating (TRE), also ein zeitlich begrenztes Essensfenster, zeigt sich nach jüngsten Beobachtungen als gesundheitsfördernd. Das Konzept hat stark präventives und therapeutisches Potenzial, um Übergewicht und Insulinresistenz entgegenzuwirken (Aoyama, Nakahata & Shinohara, 2021). Umgekehrt kann eine zu kurze Esspause von einem zum anderen Tag chronische Krankheiten begünstigen.

TRE ist eine Form des Intervallfastens, die gerade einen Boom erfährt. Ein Studienüberblick zeigt, dass bei dieser Diät 20 % weniger Kalorien aufgenommen werden, ohne die Kalorienzufuhr bewusst einzuschränken (Adafer et al., 2020). Abgenommen hatten jedoch nur drei Prozent der Probanden und Probandinnen, dies allerdings ohne eine Reduzierung der Gesamtkalorien. Unabhängig davon wirkt sich das TRE entzündungshemmend, blutdrucksenkend und positiv auf den Stoffwechsel aus. Die Empfehlungen, wie stark das Zeitfenster für das Essen eingeschränkt werden sollte, sind jedoch sehr unterschiedlich, beginnend bei zehn Stunden. Die kürzeste Essensspanne liegt bei vier Stunden. Die häufigste Form des Intervallfastens ist die 8/16-Variante, also acht Stunden Essensfenster und 16 Stunden fasten.

Chrononutrition kurz & knapp:

  • Essenszeiten und -häufigkeit, Auslassen von Mahlzeiten, Energieverteilung über den Tag, Zeitintervall zwischen den Mahlzeiten, Zeitfenster des Essens zwischen Wach- und Schafzeit und Regelmässigkeit der Mahlzeiten haben gesundheitliche Auswirkungen.
  • Für Gesundheit und Figur ist es günstiger, gut zu frühstücken, früh Mittag zu essen und abends nicht zu spät bzw. nur einen geringen Teil der Tageskalorien zu essen.
  • Eine Fastenzeit über die Nacht von mindestens 10 Stunden wirkt sich positiv auf den Stoffwechsel und die Gesundheit aus.
  • Der individuelle Chronotyp hat Einfluss auf unser zeitliches Essverhalten, wobei der Morgentyp, die Lerche, allgemein gesünder lebt.
  • Einflüsse des modernen Lebens können innere Uhr und gesundes Essverhalten stören.

Essgewohnheiten optimieren

Allein dadurch, wann gegessen wird, können Gesundheit und Körpergewicht bei gleichbleibender Nährstoffaufnahme positiv beeinflusst werden.

Quellen

Adafer, R., Messaadi, W., Meddahi, M. (2020). Food Timing, Circadian Rhythm and Chrononutrition: A Systematic Review of Time-Restricted Eating's Effects on Human Health. Nutrients, 12(12), 3770. doi:10.3390/nu12123770.
Aoyama, S., Shibata, S. (2020). Time-of-Day-Dependent Physiological Responses to Meal and Exercise. Frontiers in Nutrition, 7, 18. doi:10.3389/fnut.2020.00018.
Aoyama, S., Nakahata, Y., Shinohara, K. (2021). Chrono-Nutrition Has Potential in Preventing Age-Related Muscle Loss and Dysfunction. Frontiers in Neuroscience, 15, 659883. doi:10.3389/fnins.2021.659883.
Flanagan, A., Bechtold, D. A., Pot, G. K., Johnston, J. D. (2021). Chrono-nutrition: From molecular and neuronal mechanisms to human epidemiology and timed feeding patterns. Journal of Neurochemistry, 157(1), 53-72. doi:10.1111/jnc.15246.
Phoi, Y. Y., Rogers, M., Bonham, M. P., Dorrian, J., Coates, A. M. (2021). A scoping review of chronotype and temporal patterns of eating of adults: Tools used, findings, and future directions. Nutrition Research Review, 14. Mai, 1-51. doi:10.1017/S0954422421000123.
Ruddick-Collins, L. C., Johnston, J. D., Morgan, P. J., Johnstone, A. M. (2018). The Big Breakfast Study: Chrono-nutrition influence on energy expenditure and bodyweight. Nutrition Bulletin, 43(2), 174-183. doi:10.1111/nbu.12323.
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