Dank richtigen Nährstoffen gesund vegan

Zwei Hände halten einen Rotkohl, gesundes veganes Gemüse.

Immer mehr Menschen möchten sich rein pflanzlich ernähren. Doch ohne ausreichendes Wissen und eine gute Planung der veganen Mahlzeiten droht die Fehlernährung. Auch unterschiedliche Empfehlungen machen die Frage, ob vegan immer und für alle möglich ist, schwierig.

Vegan hat sich zum Synonym für gesund gemausert. Die Lebensmittelindustrie setzt zunehmend auf rein pflanzliche Produkte. Trotzdem stehen viele Medizinerinnen und Mediziner der veganen Ernährung kritisch gegenüber. Gründe dafür sind nicht nur veraltete Ernährungsempfehlungen und fehlende Wissensvermittlung in der Ausbildung. Auch Veganer:innen selbst müssen gut informiert sein und in der Praxis streng darauf achten, alle relevanten Nährstoffe zu erhalten. Ansonsten sind Mangelerscheinungen zu befürchten. Daher rührt die Zurückhaltung der Medizin, eine reine Pflanzenkost als alltagstauglich zu empfehlen.

 

Vegan total ist möglich

Dies belegen mehr und mehr Studien: Alle lebenswichtigen Nährstoffe können auch über einen pflanzlichen Speiseplan zugeführt werden. So zeigte z. B. eine Schweizer Untersuchung von Schüpbach et al. (2017) zum Mikronährstoffstatus und -aufnahme von drei unterschiedlichen Ernährungsarten (Omivoren (Allesessern), Vegetarierinnen und Veganerinnen), dass alle drei Gruppen potenziell den Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen erfüllen konnten. Obschon erhebliche Unterschiede in Aufnahme und Mängel zwischen den Ernährungsarten festgestellt wurde. Die Grundlage für den ausreichend gedeckten Vitamin- und Mineralstoffbedarf ist eine ausgewogenen Kost, einschliesslich Nahrungsergänzungen oder angereicherter Lebensmittel (Schüpbach et al., 2017).

Veganer und Veganerinnen haben wissenschaftlich nachgewiesen die besseren Blutwerte, einen geringen Cholesterinspiegel und ein niedrigeres Gewicht. Basierend auf Biomarkern konnte 2019 Miles et al. darlegen, dass die untersuchte vegane Gruppe das geringste Risiko für Krebs, Herzkrankheiten und Bluthochdruck auswies. Sie verfügte ebenfalls über höhere Werte für Omega-3-Fettsäuren und höhere Serumspiegel von Carotinoiden und Isoflavonen, die mit tieferen Entzündungswerten einhergehen. Zudem war die vegane Gruppe die einzige, welche ein gesundes Gewicht aufwies Miles et al., 2019).

Doch lässt sich aus diesen Erkenntnissen eine Empfehlung zur veganen Ernährung für jede Alters- und Lebensphase ableiten?

 

Gesund in der Theorie – nicht immer in der Praxis

Aktuell liefert eine neue Studie kritisches Material. Sie deutet darauf hin, dass sich die vegane Ernährung negativ auf die Knochengesundheit auswirkt (Menzel et al., 2021). Eine reine Pflanzenkost trotz zahlreicher Hinweise per se als gesund zu deklarieren, bleibt also schwierig. Hinzu kommt, dass Studien, die Fleisch-, Milch- und Eierkonsum kritisch beleuchten, nicht automatisch Beweiskraft für den gesundheitlichen Nutzen einer veganen Ernährung liefern.

Es muss zudem streng zwischen einer gesunden und ungesunden veganen Ernährung unterschieden werden. Der sogenannte „Puddingveganer“, der sich überwiegend von Fast Food und süssen Speisen ernährt, profitiert natürlich nicht von den Vorzügen einer veganen Ernährung. Im Gegenteil: Das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen ist sogar erhöht (Satija et al., 2017).

 

Keine Einigkeit bei offiziellen Empfehlungen

Die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung (SGE) sprach sich 2016 gegen eine Empfehlung der veganen Ernährung für die breite Bevölkerung aus: «Ganz besonders bei sensiblen Bevölkerungsgruppen wie zum Beispiel Kindern, Schwangeren oder Stillenden muss der Bedarfsdeckung aller Nährstoffe ein besonderes Augenmerk gelten. Wer sich vegan ernähren möchte, sollte seine Nährstoffversorgung regelmässig überprüfen lassen, Vitamin B12 und bei Bedarf weitere Nährstoffe supplementieren und sich von einer ausgewiesenen Fachperson beraten lassen.» (SGE, 2016)

Ernährungsgesellschaften anderer Länder, etwa Grossbritannien, USA, Kanada, Australien und Portugal, kommen zu einem positiven Urteil. Die Academy of Nutrition and Dietetics (AND) resümierte, dass eine gut geplante vegane Ernährungsform sicher durchführbar sei und gesundheitliche Vorteile habe (Melina et al., 2016).

 

Alters- und Lebensphase: Wer darf vegan essen?

Nicht nur die SGE, sondern auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung rät von einer veganen Ernährung für Schwangere, Stillende, Säuglinge, Kinder und Jugendliche ab (Richter et al., 2016). Die AND betrachtet sie hingegen in jeder Lebensphase als angemessen, auch für Athletinnen und Athleten (Melina et al., 2016). Was aber zeigen aktuellere Untersuchungen?

Die VeChi-Youth-Studie untersuchte 2020 die vegetarische Ernährung bei Kindern und Jugendlichen und kam zum Ergebnis: Sowohl bei veganer und vegetarischer Ernährung als auch bei einer Mischkost mit Fleisch war die Versorgung mit den Hauptnährstoffen sowie den meisten Vitaminen und Mineralstoffen bei der überwiegenden Anzahl der Studienteilnehmenden ausreichend (Alexy et al., 2020).

Auch zu veganer Ernährung in der Schwangerschaft gibt es neuere Ergebnisse. Diese weisen darauf hin, dass eine gesunde vegane Ernährung kein Risiko während der Schwangerschaft und Stillzeit bedeute (Sebastiani et al., 2019). Sie könne sogar gesundheitliche Risiken vermindern, wie etwa Frühgeburten, Präeklampsie oder Schwangerschaftsdiabetes.

 

Kritische Nährstoffe: So geht gesund vegan

Wer sich gesund vegan ernähren will, sollte auf eine ausreichende Versorgung mit Proteinen bzw. unentbehrlichen Aminosäuren, Vitamin B12 als Nahrungsergänzung, Vitamin B2, Omega-3-Fettsäuren, Vitamin D und den Mineralstoffen Kalzium, Eisen, Jod und Zink achten. Das Wissen darüber, welche Nährstoffe sich in welchen Lebensmitteln finden sowie die gründliche Planung der Mahlzeiten ist also enorm wichtig, um bestens versorgt zu sein. An dieser Stelle sei gesagt: Omnivore ernähren sich nicht allein dadurch nährstoffreich, weil sie Fleisch- oder Milchprodukte zu sich nehmen. Expert:innen sind sich einig, dass eine Ernährung mit viel frischem Obst und Gemüse, Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten, Nüssen und Samen sowie gesunden Fetten die Basis jeder vollwertigen Kost bildet.

 

Vegane Ersatzprodukte sind keine Lösung

Tierische Produkte einfach wegzulassen oder zu ersetzen, reicht nicht aus. Zwar war es noch nie so einfach wie heute, sich vegan zu ernähren. Immer mehr Herstellermarken tüfteln an Alternativen zu Käse, Wurst, Sahne, Milch, Joghurt oder Ei. Doch eine gesunde vegane Ernährung kommt ohne Ersatzprodukte aus. Viele sind lediglich Genussmittel und garantieren nicht, dass alle Nährstoffe über den Tag und die Woche verteilt in ausreichenden Mengen zugeführt werden können.

 

Veganes Wissen kurz & knapp

  • Eine ausreichende Versorgung mit allen wichtigen Nährstoffen ist über eine vegane Ernährung möglich. Allein Vitamin B12 muss durch ein Präparat ergänzt werden. Dazu bedarf es auch dem nötigen Wissen über Inhaltsstoffe verschiedenster Lebensmittel.
  • Eine vegane Kost ist nach neuesten Studien für alle Lebenslagen möglich, auch für Kinder und Jugendliche, während der Schwangerschaft und für Athlet:innen – unter Beachtung der Empfehlung einer gesunden veganen Kost.
  • Wird nicht auf eine ausreichende Zufuhr mit potenziell kritischen Nährstoffen geachtet, kann es zu Mangelerscheinungen kommen.
  • Die Anforderungen an eine gesunde und vollwertige Ernährung unterscheiden sich kaum bei den einzelnen Ernährungsformen.

 

Fazit

Vegan essen kann gesund sein – mit dem nötigen Wissen und regelmässiger Kontrolle der Blutwerte. Wer möglichst frisch kocht und auf Fertigprodukte weitgehend verzichtet, ob mit oder ohne Tier, macht schon vieles richtig.

Quellen

Alexy, U., Fischer, M., Weder, S., Längler, A., Michalsen, A., Keller, M. (2020). Vegetarische und vegane Ernährung bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland – VeChi-Youth-Studie. Verfügbar unter: https://www.vechi-youth-studie.de/ergebnisse/
Melina, V., Craig, W., Springs, B., Levin, S. (2016). Position of the Academy of Nutrition and Dietetics: Vegetarian Diets. Verfügbar unter: https://www.eatrightpro.org/-/media/eatrightpro-files/practice/position-and-practice-papers/position-papers/vegetarian-diet.pdf
Menzel, J., Abraham, K., Stangl, G. I., Ueland, P. M., Obeid, R., Schulze, M. B., Herter-Aeberli, I., Schwerdtle, T., Weikert, C. (2021). Vegan Diet and Bone Health—Results from the Cross-Sectional RBVD Study. doi:10.3390/nu13020685
Miles, F. L., Lloren, J. I. C, Haddad, E., Jaceldo-Siegl, K., Knutsen, S., Sabate, J., Fraser, G. E. (2019). Plasma, Urine, and Adipose Tissue Biomarkers of Dietary Intake Differ Between Vegetarian and Non-Vegetarian Diet Groups in the Adventist Health Study-2.0. doi:10.1093/jn/nxy292
Richter, M., Boeing, H., Grünewald-Funk, D., Heseker, H., Kroke, A., Leschik-Bonnet, E., Oberritter, H., Strohm, D., Watzl, B. (2016). Vegane Ernährung, Position der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE). Verfügbar unter: https://www.ernaehrungs-umschau.de/fileadmin/Ernaehrungs-Umschau/pdfs/pdf_2016/04_16/EU04_2016_M220-M230.pdf
Satija, A., Bhupathiraju, S. N., Spiegelman, D., Chiuve, S. E., Manson, J. E., Willett, W., Rexrode, K. M., Rimm, E. B., Hu, F. B. (2017). Healthful and unhealthful plant-based diets and the risk of coronary heart disease in US adults. doi:10.1016/j.jacc.2017.05.047
Schüpbach, R., Wegmüller, R., Berguerand, C., Bui, M., Herter-Aeberli, I. (2017). Micronutrient status and intake in omnivores, vegetarians and vegans in Switzerland. doi:10.1007/s00394-015-1079-7
Schweizerische Gesellschaft für Ernährung (SGE) (2016). Verfügbar unter: https://www.sge-ssn.ch/media/medienmitteilung_sge_vegane_ernaehrung.pdf
Sebastiani, G., Herranz Barbero, A., Borrás-Novell, C., Alsina Casanova, M., Aldecoa-Bilbao, V., Andreu-Fernández, V., Pascual Tutusaus, M., Ferrero Martínez, S., Gómez Roig, M. D., García-Algar, O. (2019). The Effects of Vegetarian and Vegan Diet during Pregnancy on the Health of Mothers and Offspring. doi:10.3390/nu11030557
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