Mit Achtsamkeit Stress reduzieren und das Herz stärken

Mit Achtsamkeit zu einem gesunden Herzen

Stress kann Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen. Leider nimmt psychische Belastung immer mehr zu: etwa durch die Digitalisierung der Arbeitswelt oder aktuell die Corona-Pandemie. Fehlen die Ressourcen damit umzugehen, drohen gesundheitliche Folgen – auch für das Herz. Eine Schulung der Achtsamkeit im Alltag, zum Beispiel über MBSR, stärkt die Stressresistenz und somit die Herzgesundheit. Neue Studien zeigen wie.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen gehören zu den häufigsten Todesursachen weltweit (Marino et al., 2021). Ein hoher Blutdruck ist das Hauptrisiko für Herzinfarkt, meist hervorgerufen durch psychosozialen Stress. Dieser wiederum kann viele Ursachen haben, darunter zwischenmenschliche Probleme, Einsamkeit, finanzielle Sorgen, Zukunftsängste, Gewalt, Krankheit oder ein belastender Arbeitsplatz. Zur Stärkung der Herzgesundheit werden daher immer häufiger verhaltensorientierte Ansätze empfohlen, welche die Achtsamkeit schulen.

Achtsamkeitsbasierte Interventionen wie Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR) können den Blutdruck senken und somit das Herz-Kreislauf-System entlasten, wie aktuelle Untersuchungen zeigen (Marino et al., 2021). Doch wie gestresst ist die Schweizer Bevölkerung?

Frauen und jungen Menschen haben mehr Stress

Im letzten Jahrzehnt ist der Anstieg von Stress in der Schweiz immer mehr zu einem Thema für Gesundheitssystem und Wirtschaft geworden. Beinahe ein Drittel der Erwerbstätigen in der Schweiz haben mehr Belastungen am Arbeitsplatz als Ressourcen. Sie fühlen sich emotional erschöpft. Das ergab der Job-Stress-Index 2020 (Gesundheitsförderung Schweiz, 2020).

Arbeitsbezogener Stress kostet Arbeitgebende rund 7,6 Mrd. CHF pro Jahr. Im Jahr 2016 waren es noch 5,7 Mrd. CHF. Dabei sind junge Mitarbeitende häufiger psychisch belastet und dadurch gesundheitlich beeinflusst als ältere. Es wird vermutet, dass das Tempo der Arbeit durch die zunehmende Digitalisierung eine immer grössere Belastung darstellt (Gesundheitsförderung Schweiz, 2020). Dabei berichten Frauen von einem höheren Stresspegel, da sie immer noch durch Arbeit, Haushalt und Familienleben mehr Stunden als Männer eingespannt sind (Ruppaner, Perarles & Baxter, 2019).

Stress in Zeiten der Corona-Pandemie

Doch nicht nur der Job belastet. Seit 2020 verunsichert die Corona-Pandemie die Menschen und führt vermehrt zu Stress. Während der Pandemie betraf das vor allem Personen, die finanzielle Schwierigkeiten hatten und sich in heiklen Arbeitsverhältnissen befanden (Klaas et al., 2021). Auch Klaas et al. betonen, dass erhöhter psychischer Druck viele chronische Gesundheitsprobleme, etwa kardiovaskuläre Erkrankungen und Übergewicht sowie Depression und Burnout, begünstigt. Gestresste Menschen ernähren sich eher ungesund und nehmen öfter Alkohol oder Drogen zu sich.

Über weniger Stress in Zeiten des Lockdown 2020 berichteten hingegen 10 Prozent der Schweizer Bevölkerung, nämlich Menschen mit Hochschulabschluss, hohem Einkommen, intensivem Arbeitsrhythmus oder einer Arbeit mit Entscheidungsbefugnis (Klaas et al., 2021). Hier wird einmal mehr der Zusammenhang zwischen Stress und sozialem Status deutlich.

Stress fördert Entzündungen in den Arterien

Wie aber wirkt psychische Anspannung auf den Organismus und somit das Herz? Emotional belastende Ereignisse versetzen den Körper in eine Alarmsituation. Das sympathische Nervensystem wird aktiviert und Stresshormone ausgeschüttet. Das Herz-Kreislaufsystem reagiert, indem die Herzleistung steigt, der Herzschlag beschleunigt und der Herzmuskel mehr Sauerstoff benötigt. Gefässe verengen sich, der Blutdruck steigt.

Eine Studie konnte 2017 den Zusammenhang zwischen belasteter Psyche und verschiedenen Herzkreislauferkrankungen genauer herstellen. Bei chronischem Stress erhöhen sich die Entzündungswerte im Körper. Die Aktivität der Amygdala im Gehirn steigt, das Knochenmark bildet verstärkt entzündungsfördernde Substanzen. Dadurch verdicken auf Dauer die Arterien und das Risiko für einen Herzinfarkt erhöht sich (Tawakol et al., 2017).

Mehr Achtsamkeit schützt das Herz

In den letzten Jahren hat die Achtsamkeit einen Boom in psychotherapeutischen Massnahmen erfahren. Die beiden Hauptpraktiken von achtsamkeitsbasierten Interventionen (MBI) sind Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR) und Mindfulness-Based Cognitive Therapy (MBCT). MBSR lässt sich mit Stressverminderung durch Achtsamkeit oder auch Achtsamkeitsmeditation übersetzen.

Dabei wird trainiert, körperliche Empfindungen und Gedanken in der Gegenwart zu beobachten, ohne sie zu bewerten. Diese Techniken sollen die Ressourcen stärken, um psychischer Belastung besser zu begegnen und so die gesundheitlichen Folgen zu reduzieren. Eine aktuelle Studie zur Wirkung von MBI auf das Herz zeigt mittlere bis grosse Effekte bei der Reduzierung von Angstzuständen, Depressionen, Stress und systolischem Blutdruck (Marino et al., 2021).

Mit Meditation die Achtsamkeit schulen

Mit dem Achtsamkeitstrend sind auch Meditationspraktiken wieder populär geworden. Die US-amerikanische Herzgesellschaft konnte in einer Studie belegen, dass Meditation mit einem geringeren Stresslevel, besserem Schlaf und insgesamt einem höheren Wohlbefinden zusammenzuhängen.

Chronischer Stress konnte reduziert und das Herz entlastet werden (Levine et al., 2017). Dabei wirkt die Meditation auf unterschiedliche Weise. Denn sie kann auch unterstützen, mit dem Rauchen aufzuhören, einem Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Leiden. Meditation hat eine Wirkung auf Physiologie und Anatomie des Gehirns, den Blutdruck, Insulinresistenz und Arteriosklerose. Sie kann zu einer Verbesserung der Durchblutung des Herzmuskels führen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen so vorbeugen (Levine et al., 2017).

Weitere Schutzfaktoren für ein gesundes Herz

Neben Methoden zur Schulung der Achtsamkeit können noch weitere Massnahmen die Herzgesundheit positiv beeinflussen. Dazu gehören wenig Alkohol, ausreichend Bewegung, nicht rauchen, eine mediterrane Ernährung und eine gute Versorgung mit wichtigen Nährstoffen wie Omega-3-Fettsäuren und lebenswichtigen Mikronährstoffen.

Quellen

Gesundheitsförderung Schweiz (2020). Faktenblatt 48. Job-Stress-Index 2020. Monitoring von Kennzahlen zum Stress bei Erwerbstätigen in der Schweiz. Verfügbar unter: https://gesundheitsfoerderung.ch/assets/public/documents/de/5-grundlagen/publikationen/bgm/faktenblaetter/Faktenblatt_048_GFCH_2020-09_-_Job-Stress-Index_2020.pdf.
Klaas, H. S. et al. (2021). Die Entwicklung von Stress in der Schweiz – die erste Welle der Pandemie verschafft gestressten Menschen eine Pause. Social Change in Switzerland, N°26.doi:10.22019/SC-2021-00004.
Levine, G. N. et al. (2017). American Heart Association Council on Clinical Cardiology; Council on Cardiovascular and Stroke Nursing; and Council on Hypertension. Meditation and Cardiovascular Risk Reduction: A Scientific Statement From the American Heart Association. Journal of the American Heart Association, 6(10):e002218. doi:10.1161/JAHA.117.002218.
Marino, F., Failla, C., Carrozza, C. et al. (2021). Mindfulness-Based Interventions for Physical and Psychological Wellbeing in Cardiovascular Diseases: A Systematic Review and Meta-Analysis. Brain Sciences, 11(6):727. doi:10.3390/brainsci11060727.
Ruppanner, L., Perales, F., Baxter, J. (2019). Harried and unhealthy? Parenthood, time pressure, and mental health. Journal of Marriage and Family, 81(2), 308-326. doi:10.1111/jomf.12531.
Tawakol, A. et al. (2017). Relation between resting amygdalar activity and cardiovascular events: a longitudinal and cohort study. Lancet, 389(10071):834-845. doi:10.1016/S0140-6736(16)31714-7.
Zurück zur Übersicht